JOeys Tafelrunde
Eigen- und Fremderkenntnisse


Da sind diese beiden Begrifflichkeiten „Moral“ und „Ethik“, mit denen ich mich jetzt einmal beschäftigen möchte. Beides sind eigentlich rein philosophische Elemente, werden in den unterschiedlichen Kulturen gegensätzlich benutzt und ausgelegt. Und selbst im gleichen Kulturkreis gelten hierzu unterschiedliche Auslegungen.
Ein eindringliches Beispiel hierzu ist die weibliche Verschleierung im Islam. Es ist für mich, der versucht, hier einzutauchen, ein nahezu unmögliches Unterfangen. Da liegt die Forderung nach Bedeckung bestimmter Körperteile zwischen Null und 100, je nach Glaubensgruppe. Ein Kollege von mir mit Migrationshintergrund, wie man so schön sagt, tischte mir einmal folgende Story darüber auf: In früheren Zeiten, als es im Osten noch zu ständigen Stammeskriegen kam, wusste man sich nicht anders zu helfen, die Frauen zu schützen, als sie zu bedecken, damit der Feind nicht gleich deren Lieblichkeit sah.
Ich traute meine Ohren nicht, versuchte aber nach diesem Erklärungsmodell nicht zu lachen oder ihn zu beleidigen. Er war ausgebildet in Krav Maga, einer israelischen Kampfkunst, die sich mit dem blitzschnellen Auslöschen eines Gegners rühmt- und er zählte zu den Fortgeschrittenen. Bei einer kitzeligen Situation war sein Spruch, den ich nicht vergessen werde: „Gib mir eine Sekunde!“ Aber ich komme von Thema ab.
Moral heißt „Sittlichkeit“ oder „anständiges Verhalten“. Ethik ist wohl auf einer höheren Stufe angesiedelt und heißt „Tugendlehre“ oder „Sittenreinheit“. In einer Gesellschaft gibt es hierzu eine Übereinkunft, was geduldet und was bestraft wird. Und selbstverständlich ist das ein Herrschaftsinstrument, den Menschen zu gängeln oder zu lenken.
So kommen wir auf die Welt und leben von Anbeginn an mit den Fesseln der Moral und Ethik, die uns eingebläut und vorgehalten werden, welche wir adaptieren und als Glaubenssätze verinnerlichen. Und von Glaubenssätzen habe ich ja schon des Öfteren erzählt. Da gibt es die „Guten“ und die „Schlechten“, und die meisten unter uns wollen sich davon nicht befreien und sich ihrem Herzen nicht anvertrauen.
Ein wunderschönes Beispiel, die „goldene Regel“, 1615 von Christen erdacht: „Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“, besser bekannt als „Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg auch keinem andern zu.“ Für mich ein geflügelter Reim. Zum einen negativ besetzt, zum anderen gibt es genug Unmenschen, die mit deren Auslegung sehr variabel sind.
Und somit muss jetzt jeder für sich entscheiden, wie er mit seiner Moral/Ethik umgehen möchte, ob er sich bestimmten Vorstellungen unterwirft oder seinem Herzen folgt- wie Huckleberry Finn bei Sam, dem ausgerissenen Sklaven, den er freundschaftlich schützte vor der damals geltenden Moral.