JOeys Tafelrunde
Eigen- und Fremderkenntnisse

Sie wurde verdammt, missverstanden, verklärt und als Untugend verunglimpft. Man trampelt heute noch auf ihr herum, da sie scheinbar der Befriedigung des Egos dient, was ablenkt vom wahren Selbst.
Nun, auch die Leidenschaft hat zwei Seiten einer Medaille, ist Himmel und Hölle, kann erwecken oder zerstören, kann dich ans Licht führen oder in die Dunkelheit stoßen.
Schauen wir uns einmal diese Gegensätze an, beginnend mit dem Negativen. Da gibt es einen Michael Mary, der die Leidenschaft in menschlichen Beziehungen betrachtete. Seine Essenz hierzu: „Das Wissen um den Widerspruch von Vertrautheit und Leidenschaft ist seit Jahrtausenden bekannt. Eine distanzierte Partnerschaft erhält die Qualität der Leidenschaft. Leidenschaft ist ein relativ kurz loderndes Feuer, das in der Lebenspartnerschaft früher oder später abkühlt oder erlischt.“
Dieser Standpunkt leuchtet ein, ist jedem vertraut, der eine lange Beziehung pflegt und über die Jahre verspürt, wie das Verlangen langsam abebbt, unaufhaltbar versiegt. Aber ist dem so, ist dieser Prozess wirklich in Stein gemeißelt?
Aber Mary geht noch einen Schritt weiter: „Was jemand begehrt, ist individuell verankert. Somit obliegt es nicht mehr seiner Macht, zu entscheiden, was ihnen erregt oder Befriedigung verspricht. Das Begehren ergreift ihn, nicht umgekehrt. Leidenschaft ruft einen Rausch auf Grund sexueller Aktivität hervor, ist Droge, Sucht. Leider ist der leidenschaftliche Rausch zeitlich begrenzt und Harmonie sein Feind.“
Auch das kann man unterschreiben, vorausgesetzt, man hat diesen Zustand erlebt, vielleicht sogar überlebt. Überstanden, um in den nächsten Rauschzustand einzutauchen. Wie also umgehen mit der Leidenschaft? Da könnte die positive Betrachtungsweise der Leidenschaft etwas helfen.
Trungbas Sichtweise möchte ich hierzu anführen, da sie mir gefällt: „Echte Leidenschaft heißt, allen Gefühlen und Energien den Raum des Gewahrseins zu geben, immer mehr Raum, in dem kein Ego etwas manipuliert. Freie Leidenschaft ist Strahlung ohne Strahlungsquelle, eine alles durchdringende Wärme, die ohne Anstrengung fließt. Wenn wir uns öffnen, unser egozentrisches Anklammern fallenlassen, sehen wir nicht nur die Oberfläche eines Objektes, wir sehen hindurch. Wir würdigen nicht nur die sinnlichen Qualitäten, sondern sehen umfassenden Qualitäten, die rein sind. Wir sehen innen und außen gleichzeitig.“
Nun, das setzt aber leider einen ziemlich hohen Bewusstseinszustand voraus. Die Begegnung mit dem Gegenüber, der Welt, den Menschen ist dann schon fast göttlicher Natur. Die Qualität dieses Menschen entspricht dann einem echt Erleuchtetem, du bist dann Jesus gleich.
Etwas greif- und, belebbarer sieht es mein Freund Krishi. Er meint: „Tiefe Leidenschaft heißt, das Leben intensiv in aller Schönheit zu fühlen und zu verstehen, in einem Zustand vollkommenen Loslassens. Diese Leidenschaft hat keine Ursache und hat nichts mit Emotionen zu tun. Leidenschaft ist ein Bewusstseinszustand, ein Seinszustand, der stark empfindet und höchst empfänglich ist.“
Damit kann man schon mehr „anfangen“, erste Puzzleteile einmal umsichtig auf das Lebensbrett legen, nicht wissend, wohin es einen führt, wie das Puzzle letztendlich aussehen wird, da es keine Vorlage gibt, weil jedes Leben individuell sein darf, ein Jedes.