JOeys Tafelrunde
Eigen- und Fremderkenntnisse


Im ersten Weltkrieg starben 17 Millionen Menschen aus allen Herren Ländern. Die wahren Ursachen für dessen Beginn sind vielschichtig, selbst der vermeintliche Auslöser wird heute noch hitzig diskutiert. Ich möchte mich hierzu jetzt nicht näher äußern, sondern mich lieber einem besonderen Aspekt davon widmen, den damaligen Flugstaffeln.
Mir war nie klar, welche Rolle diese Flieger im Krieg innehatten und inwiefern sie Kriegs-entscheidend waren. Und wie aus allen Annalen ersichtlich, spielten bestimmte Soldaten eine besondere Rolle im Krieg, wurden hochstilisiert und heroisiert, um das generelle Kampfgeschehen positiv zu beeinflussen. Selbst wenn man kurz vor der eigenen Vernichtung stand, wurden diese hochgehalten- bis zum bitteren Ende.
So auch im ersten Weltkrieg, als ein adeliger Offizierssohn vom Fähnrich zum Rittmeister aufstieg und als Pilot durch exakt 80 feindliche Abschüsse zum berühmtesten Vorzeigeobjekt wurde. Er hieß Manfred Freiherr von Richthofen und wurde von seinen Feinden als „Red Baron“ bezeichnet, da seine Flugzeuge rot angestrichen waren. Die deutschen Jagdgeschwader wurden von ihren Gegnern „Flying Circus“ genannt.
Das hatte folgenden Hintergrund: Wie ein Wanderzirkus wurden die Fluggeräte immer zu den Kriegsplätzen gekarrt, wo man sie gerade benötigte. Dann hatten sie auch keine Tarnfarben, wie sonst üblich, und im Luftkampf vollführten sie akrobatische Kunststücke. Es sei nebenbei zu vermerken, dass die deutschen Flieger in einer deutlichen Unterzahl gegen ihre Gegner antreten mussten. Man spricht von einem Kräfteverhältnis von 1:3.
Sehr besonders finde ich die Auffassung unter den Kampfpiloten untereinander, die dort geherrscht haben soll. Wenn ein Flugzeug abgeschossen wurde, war das für den Siegreichen nicht der Anlass, den Piloten unter allen Umständen ebenfalls zu töten. Der Abschuss selbst war Genugtuung genug. Oftmals geschah es, dass die Piloten überlebten und dann, je nach Absturzstelle, zu ihrem Geschwader zurückgebracht wurden oder als Kriegsgefangene endeten. Bei tödlichem Absturz erhielten die Piloten selbst vom Feind volle militärische Ehre bei ihrem Begräbnis. So erging es denn auch unserem roten Baron, wobei dieser nicht im Luftkampf starb, sondern während des Absturzes seiner Maschine durch eine Kugel vom Boden aus getroffen wurde.
Es hat für mich den Anschein, dass diese Luft-Krieger etwas ganz Besonderes waren. Sie hatten wohl völlig andere Freiheitsgrade als ihre Kameraden zu Land oder Wasser, mussten keinem Erscheinungsbild gerecht werden und kamen wohl vornehmlich aus Adelsfamilien. Bei ihnen ging es sehr leger zu, man genoss feines Essen und musste nicht im Zelte nächtigen. Diese Privilegien waren für sie selbstverständlich und wurden von allen Kriegsbeteiligten wohl toleriert. Zudem waren sie nie so dicht am Feind wie die Kollegen im Schützengraben, ihre davongetragenen Traumata führten selten zur Selbstzerstörung.
Und so leben diese Helden noch immer in unseren Köpfen und verherrlichen das, was niemals geschehen, einfach nicht sein darf, da es unserer nicht würdig ist: Krieg.