JOeys Tafelrunde
Eigen- und Fremderkenntnisse


Da schwebt etwas in der Luft, oftmals hauchzart und unmerklich bis zu dem Zeitpunkt, wenn wir damit konfrontiert werden, wir uns dem stellen müssen, in irgendeiner Form. Ich spreche vom Gevatter Tod, eigentlich einem überlieferten Märchen der Brüder Grimm. Dort stirbt derjenige nur, wenn der Tod zu seinen Füßen steht. Eine Metapher, die frei interpretierbar ist.
Aber bleiben wir beim Tod, einer Gesetzmäßigkeit, welche ein wichtiger Bestandteil des Lebens ist. Verständnis darf aufwallen, wenn es um unsere Ängste beim Sterben geht, um das langsame, oftmals schmerzliche Dahinwelken. Auch das Irritiert sein beim selbst gewählten Tod ohne erkennbaren Hintergrund ist verständlich. Dann wird es aber meiner Ansicht nach schon etwas dünner bei Befürchtungen vor dem Unaufhaltbaren, das jeden von uns sicher ereilen wird, früher oder später.
Ich hatte schon in früheren Artikeln anklingen lassen, wie ich das mit dem Tod sehe, da ich mich damit schon seit vielen Jahren auseinandergesetzt und gewisse, klare Entscheidungen für mich getroffen habe. Ich habe Antworten gefunden auf Fragen, die sich jeder stellen sollte, um es sich dann wieder „genüsslich im Ohrensessel bequem zu machen“. Ich wurde damals nicht aus Furcht, Angst oder direkter Konfrontation genötigt, mir darüber Gedanken zu machen, sondern aus reiner Neugier. Und es gab auch niemand, der mich dabei begleitete.
Da gibt es die Rheinmücke, die zu den kurzlebigen Eintagsfliegen gehört, dessen Leben ganze 40 Minuten andauert und das Dasein auf Paarung und Eiablage reduziert. Von den Säugetieren ist das lang liebendste wohl der Wal, der locker 200 Jahr alt werden kann.
Und wir sind da mittendrin und versucht, unser Dasein so lange wie nur möglich auszudehnen. Und selbst nach dem Tod gibt es Geschäftsmodelle für die Reichen unter uns, die hoffen, wiedererweckt zu werden, wenn es die Technik irgendwann einmal zulässt. Sie lassen sich einfrieren, konservieren und klonen- für den Tag X der persönlichen Auferstehung. Ich denke da oft an den Film „Friedhof der Kuscheltiere“, beim dem die Wiedereingliederung aus dem Totenreich schiefging. Wie lange bleibt das Gehirn intakt ohne Sauerstoffversorgung? Schon nach drei Minuten sterben die ersten Nervenzellen ab, unwiederbringlich.
Kommen wir zurück zum Tod. Wie geht unsere Gesellschaft damit um, wie sieht unsere kulturelle Ausrichtung aus, unsere anerzogenen Schablonen, in die wir hineinwachsen? In unseren Breitengraden ist er ein Tabu-Thema, etwas, worüber man nicht spricht und wenn doch, dann mit „vorgehaltener Hand“, Scham oder der einstudieren Gesinnung. Eigentlich wollte ich dieses Thema relativ neutral abhandeln, was mir aber nicht gelingen mag.
Ich bin der Überzeugung, dass ein bewusstes, wahrhaftiges Leben den Tod mit einbezieht. Es blendet ihn nicht aus, schließt mit ihm sogar Frieden mit der Gewissheit, dass die Lebensenergie, die in uns fließt, sich verströmt und neue Wege erschließt, welche das auch immer sein mögen.
Ich hege auch keine Vorurteile gegenüber den scheinbar abstrusesten Gedankengebäuden, die mit dem Tod einhergehen. Jeder darf für sich individuell entscheiden, wie er letztendlich mit dem Tod umgeht, Hauptsache er macht es und kommt damit zu seinem Wohlbefinden.
Dass man auch sehr lässig mit dem Tod hantieren kann, bewies kürzlich ein Unternehmen namens Bestattung Wien. Dort kann man für 5,90 Euro einen Eiskratzer fürs Auto kaufen mit der Aufschrift: „Mit uns kratzen Sie besser ab.“