G.C. Lichtenberg, ein deutscher Professor für Experimentalphysik aus dem 18 Jahrhundert, schrieb einmal: „Mehr als das Gold hat das Blei die Welt verändert und mehr als das Blei in der Flinte das Blei im Setzkasten.“
Mit Beginn des Buchdruckes im 8. Jahrhundert in China und Mitte des 15. Jahrhunderts durch die „Erfindung“ eines Goldschmids namens Gutenberg begann eine stille Revolution, die zur demokratischen Etablierung und Verbreitung von Informationen diente. Erstmals konnten so Meinungen, Nachrichten, Wissen und Botschaften ohne Kontroll-Möglichkeit des Staates und Kirche in Umlauf gebracht werden. Diese zweckentfremdeten den Buchdruck natürlich für ihren Machterhalt und versuchten mit aller Gewalt, unbequeme Publikationen einzudämmen.
Zensur von Veröffentlichungen begann dabei aber schon viel früher. Ich möchte hierzu ein paar anschauliche Beispiele heranziehen, um das zu verdeutlichen:
- 213 v.u.Z.: Kaiser Shihuangdi verbrannte alle philosophischen Bücher im chinesischen Reich, die sich im Widerspruch zu seiner Ausrichtung befanden.
- Die christlichen Kirchen verbrennen bis heute Schriften und Bücher mit „abweichender Meinungsdarstellung“ oder vermeintlicher Magie, früher als öffentliches Spektakel, heute im Geheimen.
- 1193 n.u.Z.: Vollkommene Zerstörung der gigantischen Bibliothek der buddhistischen Nalanda-Universität in Indien durch den türkischen Eroberer Khilji, was zur fast vollständigen Auslöschung des Buddhismus in Indien führte.
- 1499.: Erzbischof von Toledo, Francisco Jiménez de Cisneros verbrennt im Rahmen einer Zwangsbekehrung alle fremdländischen Bücher und Koran-Exemplare
- 1682: Fjodor III. von Russland befahl das Verbrennen der Ahnenbücher des Adels
- 1873: Gründung der New York Society for the Suppression of Vice (Gesellschaft zur Bekämpfung des Lasters), deren Siegel die Abbildung einer Bücherverbrennung aufwies. Das führte zu den größten, bekannten Bücherverbrennungen überhaupt und Leid der Betroffenen.
- Während des Russischen Bürgerkriegs (1918–1922) und im Zuge der angestrebten, kulturellen Revolution wurden in der Sowjetunion viele Bibliotheken geplündert und nichtkonforme Bücher vernichtet.
- 1933 begann im nationalsozialistischen Deutschland unter dem Motto „Aktion wider den undeutschen Geist“ ein groß angelegtes Spektakel, bei der öffentlich die konfiszierten Bücher von jüdischen, marxistischen und pazifistischen Schriftstellern verbrannt wurden.
- 1956 begann man in den USA, Werke von Wilhelm Reich, die von seiner Theorie der Orgon-Energie handelten, zu verbrennen. Bis 1960 wurden dort zig Tonnen über Reichs Veröffentlichungen, Büchern und Zeitschriften vernichtet. Deren Besitz war verboten und wurde sogar strafrechtlich verfolgt.
- 1965: In Bietigheim nahe Stuttgart fand eine organisierte Umtauschaktion „Schundliteratur gegen gute Bücher“ statt, die mit der Verbrennung der Groschenliteratur ihren Höhepunkt erreichte.
- 1966: Verbrennung von Beatles-Schallplatten nach Aufruf durch evangelikale Kreise in den USA
- 1975: Pol Pot vernichtet in Kambodscha alles, was mit dem Intellekt zu tun hatte, um seinen Agrarkommunismus zu verwirklichen.
Aktuell wären hierbei unzählige Bücher-Scheiterhaufen-Aktionen zu benennen, ob unter religiösem Mantel wie der öffentlichen Extermination von „Harry Potter“-Bänden in Polen oder der systematischen Zerstörung „artfremder Literatur“ durch Besatzungsmächte.
Es geht dabei immer um die Auslöschung von Informationen aus dem individuellen und kollektiven Gedächtnis. Um die neuen Narrative in die Gehirne zu installieren, müssen die alten gelöscht werden. Aus der Hirnforschung wurde die erfolgreiche Umsetzung dieser Vorgehensweise mittlerweile weltweit verifiziert.
Und was geschieht heute im Rahmen der digitalisierten Informationsverbreitung? Hier sind die gleichen Mechanismen am Werk, nur sind sie wesentlich subtiler. Heute verschwinden Artikel und Bücher im Netz einfach so. Sie werden gelöscht, modifiziert oder unsichtbar gemacht, indem man sie erst gar nicht findet.
Wer sich heute über einen bestimmten Sachverhalt kundig machen möchte und zur Hilfenahme eine normale Suchmaschine nutzt, findet nur die Seiten, die erwünscht sind. Wer dabei auf bekannte Video-Portale geht, wird oftmals enttäuscht. Hier ist die Zensur ebenfalls schon weit fortgeschritten und wird den Informations-Horizont zukünftig noch wesentlich stärker einschränken.
Was bleibt? Mein Tipp: Investiere in gute Bücher und versteck sie gut, falls die gute alte Zeit der öffentlichen Bücherverbrennungen wieder verstärkt in Mode kommt.