JOeys Tafelrunde
Eigen- und Fremderkenntnisse

Ständig versuche ich mich in der Außenwelt zurechtzufinden, ohne den Halt zu verlieren und in irgendwelche Abgründe zu stürzen. Hierzu habe ich mir über die Jahre ein wunderbares Rüstzeug zugelegt, das ich größtenteils auch verinnerlicht habe. Ich nenne sie meine Grund-Lebensphilosophie, die mich trägt, auch und gerade in dunklen Stunden.
Ein sehr mächtiges Element daraus benenne ich „Leben im Hier und Jetzt“, an das ich mich in manch Stunden der Gewahrsamkeit immer wieder erinnere, da es sich mittlerweile fest in meinen Synapsen verankert hat. Es hat eine immense Bedeutung, wenn man sich darin übt, tatsächlich, in jedem Moment, im Hier und Jetzt zu leben. Darauf möchte ich etwas näher eingehen:
Beleuchten wir nur einmal unser Dasein hier als Mensch auf dieser Erde in diesem Universum, das uns gegenwärtig ist. Dann befinden wir uns während unserer Lebensspanne auf einem Zeitstrahl, bildhaft dargestellt als waagrechte X-Achse im zweidimensionalen Koordinatensystem. Mit der Geburt befinden wir uns bei Tag Null, dann beginnt die individuelle Abenteuerreise ins Ungewisse, die mit dem physischen Tod endet.
Unsere Existenz wird dabei von fast unendlichen Dingen beeinflusst, die von außen auf uns einwirken und mit unserem Inneren korrelieren oder auch nicht. Davon ausgehend, dass jeder Mensch bei seiner Geburt schon etwas mitbringt, sind die weiteren Einflussfaktoren Umwelt, Genetik und Epigenetik, die uns maßgeblich formen. Im Laufe unseres Werdens entwickeln sich Intellekt und Intuition, wobei unser Bewusstsein mehr und mehr an Bedeutung gewinnt.
Wer sich dem Leben stellt, dessen Herausforderungen annimmt, die Höhen und Tiefen meistert, die uns unser Dasein anbietet, sich auch mal treiben lassen kann oder innehalten, sich hingeben, loslassen und sich selbst ermächtigt, der kommt früher oder später auf diesen einen Punkt.
Der erkennt, dass unser „Gestern“ eigentlich nur Geschichte ist, welche uns wohl prägt, aber nicht die Herrschaft über uns ausübt. Der erkennt auch, dass uns das „Morgen“ wohl empfangen wird und wir darauf grundsätzlich vorbereitet sein sollten, es aber dabei so viel Unbekanntes auf uns wartet, dass wir alle Wege offenlassen. Die Fixierung auf Geschehenes, auf Erfahrungen von früher verblockt den Geist ebenso, wie der ständige Blick in die vermeintliche Zukunft, die wir versuchen, schon im Vorfeld zu gestalten.
Was bleibt übrig, wenn man nicht ständig in der Vergangenheit stöbert oder sich in den Wunschvorstellungen über kommende Zeiten verirrt? Es bleibt die Gegenwart. Wem dies gewahr wird, der richtet sich neu aus und unternimmt den Versuch, das auszuprobieren im täglichen Leben.
Ich selbst übe mich in dieser Disziplin, was mir nicht immer gelingen mag, da ich ein Mensch bin, der sehr flexibel ist, sich auch gerne ablenken lässt, aber immer wieder versucht, sich einzufangen und dem Leben die Stirn zu bieten.
Welche Hilfsmittel bieten sich an, sich im „Hier und Jetzt“ zu probieren? Da ist vor allem die Wahrnehmung, die einem hilft. Stell dir einmal vor, du bist ein fester Bezugspunkt und alles um dich herum bewegt sich. Dann bewegt sich der Raum um dich und die Zeit kommt dir entgegen. Wer das ab und zu durchexerziert, wenn er gerade Lust dazu verspürt, wird sich wundern, wie sich plötzlich vieles vollkommen anders darstellt, als bisher gewohnt.
Wie wäre es mit der Vorstellung, dass das, was du in diesem Moment tust, immer das Wichtigste ist? Wenn man es schafft, die ganze Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, dann ist man auf dem richtigen Weg. Ich, der sich auch gerne mal verirrt und vom „rechten“ Weg abkommt, fang mich immer wieder ein, versuche mich dann neu zu justieren, um dann erneut abzukommen. Aber wie heißt es so schön: „Der gerade Weg führt selten zum Ziel.“ Oder habe ich das jetzt etwa verwechselt?