Vor ein paar Jahren kam ein gehaltvolles Büchlein auf den Markt mit dem Titel „Die Kunst des stilvollen Verarmens“ und dem Untertitel „Wie man ohne Geld reich wird“, geschrieben von Alexander Graf von Schönburg-Glauchau. Er verantwortet eines der mächtigen Adelsgeschlechter in Deutschland und arbeitet gleichzeitig als Journalist für den Mainstream. Man spricht öffentlich von „Doppelleben“ über die Gemengelage dieses Grafen, was aus meiner Sicht nicht der Fall ist.
Sein Hintergrund-Wissen basiert tatsächlich auf dem Verlust der Güter und des Vermögens seiner Ahnen und Eltern, wobei er selbst die Kurve gekriegt hat. Und da diese Geschichte „vom Tellerwäscher zum Millionär“ sehr gut ins heutige Narrativ passt, gerade in den nicht mehr ganz so fetten Jahren, findet man von ihm tolle Ratschläge über den Umgang des Verarmens, Sparsamkeit und freiwilligen Verzicht auf all die Dinge, die wir bislang glaubten, besitzen zu müssen. Wahrer Luxus basiert auf einer völlig anderen Ebene, da muss ich ihm leider recht geben, falls mir hierzu überhaupt eine Anmerkung gestattet sei.
Aber lassen wir das Geplänkel und wenden uns den Tatsachen zu, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass sich der Wohlstand im Westen bald zum Ende neigt. Da ist einmal unser Beharrungsvermögen, die Zeichen nicht verstehen zu können, dass sich die Dinge im Fluss der Zeit einfach ändern und wir dafür den entsprechenden Tribut zollen müssen- uns anpassen oder entsprechende Maßnahmen ergreifen, die dazu führen, uns neu auszurichten. Greifen wir aus dem Sammelsurium nur einmal das Thema „Überalterung der Gesellschaft“ heraus, dass dazu führt, dass immer weniger Arbeitsame für immer mehr „gealterte Arbeitslose“ aufkommen müssen. Dieses Ungleichgewicht ist enorm, überlastet unser System und muss früher oder später zum Exodus führen. Und nichts wird getan, um die Waagschale wieder ins Lot zu bringen.
Dann wäre da die unsägliche politische und wirtschaftliche Ausrichtung in den Bereichen Geldpolitik, Energie, Medien, Bildungssystem, Landesverteidigung, Familie, Finanzwirtschaft, Glauben, Gesundheit, Migration, Landwirtschaft oder Souveränität, um nur ein paar Dinge aufzulisten, die mir gerade spontan einfallen.
Wo man auch immer hinschaut, herrscht Chaos, Willkür, Dummheit und Arroganz, wobei ich es mit dieser lückenhaften Auflistung bewenden lasse. Was dabei auffällt, ist der Mangel an positiven Attributen. Wo sind die rettenden Elemente, wo ist der Rettungsring, der uns ans Ufer bringt, damit uns wenigsten das Erschaffene erhalten bleibt, geschweige denn ein Mehr.
Es zeigt sich eher, dass die uns zugeworfenen Rettungsringe zumeist reine Luftblasen sind, die noch zerplatzen, bevor sie uns überhaupt erreichen.
Und die, welche uns zugestanden werden, entpuppen sich als das genaue Gegenteil, ziehen uns in Untiefen oder bringen uns in ungewohntes Gefilde mit gewissem Ausgang. Ich sehe es leibhaftig vor mir, wie ich an Land gespült, von den Eingeborenen freundlich empfangen und zum Mittagstisch eingeladen werde. Das mir zur Säuberung eingelassene warme Wasser in einem großen Bottich nehme ich noch dankend an, bis mir irgendwann etwas komisch vorkommt. Die Utensilien, die mir zur Reinigung meines Körpers gereicht werden, riechen nach kräftigen Gewürzen, was ich noch deren fremden Sitten und Gebräuchen zurechne. Erst als das Wasser immer wärmer wird und sich die Stammesgenossen mit Tellern um mich herum versammeln, geht mir so langsam ein Licht auf.
Und in diesem Zustand des Bewusstwerdens, dass sich das Pendel massiv in Richtung Armut bewegt, befinden sich plötzlich viele von uns. Wir haben es uns auf einem Floss gemütlich gemacht auf einem ruhigen Fluss, sind noch in freundlicher Urlaubsstimmung, erspüren aber schon die Turbulenzen des Wassers, die immer stärker werden und hören den Donnerschall des Wasserfalls, dem wir beschleunigend entgegentreiben.
Jetzt gilt es, die Vogelstrauß-Methode anzuwendenden, den Kopf in den Sand zu stecken und so zu verharren, die Warnsignal-Lämpchen zu überkleben und sich etwas abzulenken vom Geschehen durch Multimedia und ein Gläschen Sekt.
Die Gegenseite wird hingegen nicht müde, ihre Agenda durchzusetzen, erfindet täglich neue Horrorgeschichten und schafft es, die etwas Aufgewachten ins „rechte“ Bild zu drängen und deren Warnrufe ins Gegenteil zu verkehren. Man schenkt denen das Vertrauen, die uns den Untergang bringen. Denen, die die Titanic sehenden Auges den Eisberg entlang-schreddern lassen, wobei sie selbst gar nicht an Bord sind oder als erste mit schicken Rettungsbooten von Bord gehen und sich dort freudig mit Champagner zuprosten.
Stellt sich die Frage, ob wir es noch schaffen, den Zuber zu verlassen und die Eingeborenen damit ihren Speiseplan ändern müssen. Ob wir es schaffen, das Floss ans rettende Ufer zu bringen, um noch ein einigermaßen verträgliches Leben gestalten zu können. Wahrscheinlich mit leichten Abstrichen versehen, aber lebenswert und erhobenen Hauptes. Dabei müssen wir alle über unseren Schatten springen und zur Tat schreiten, gemäß Hermann Hesse: „Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.“