Im Kreuzworträtsel, eine meiner „Lieblingsbeschäftigungen“, wenn sich mal ne Minute Zeit findet, entdeckt man Unsummen von Synonymen, die oftmals allesamt nicht beschreiben können, welche wahrhaftige Bedeutung wirklich hinter einem Wort steckt. So auch bei „Hingabe“, einem Ausdruck, der in meinem Sprachgebrauch nur selten Anwendung findet.
Es ist die vollständige Einwilligung in das Leben, die Gabe des bedingungslosen Seins, das Annehmen und das sich Hingeben in den Fluss des Lebens. Die Hingabe geschieht im gegenwärtigen Moment, widerstandsfrei, urteilsfrei und nicht-anhaftend.
Anita Schmitt fasste einmal in einem Vortrag zusammen, welche Faktoren „Hingabe“ erschweren und welche sie ermöglichen. Als schädlich nannte sie Kontrolle, Angst, Gedanken, Zwiespalt, Erwartungshaltung und innere Widerstände. Positiven Einfluss haben hingegen Achtsamkeit, Stille, Augenblicklichkeit, Wohlbefinden, Vertrauen und Mut. Als „Nutzen“ fand sie folgende Worte:
„In dem Moment der Hingabe beenden wir unsere inneren Kämpfe, Selbstzweifel und Ich-Prägungen und öffnen uns für den Geist des Erwachens. Denn in der Bereitschaft sich hinzugeben, vorbehaltlos, rückhaltlos, bedingungslos zu Sein, offenbart sich die Schönheit des Lebens. Es ist nicht der einfache Weg, es ist aber der Weg die eigene Berufung zu leben und bringt Glück, Freiheit, Verbundenheit, Lebendigkeit und Leichtigkeit.“
Aber, wie überall im Leben, auch bei der Hingabe lauern bestimmte Fallen, die im Dunkeln liegen, da kaum Regularien aufgestellt werden können, die den Weg weisen. Hinzu kommen schleichende Prozesse, die einen ebenfalls zu Fall bringen können. Hierzu findet man im Kreuzworträtsel-Lexikon für „übertriebene Hingabe“ Wörter wie Entsagung, Aufopferung, Kult, Hörigkeit und Selbstaufgabe.
Ich stelle mir das so ähnlich vor wie beim Altruismus, der ebenfalls in gewisse Abgründe führen kann. Ich hatte einmal vor nicht allzu langer Zeit eine Phase einer bestimmten Altruismus-Form in mir belebt, die ich zwischenzeitlich wieder abgelegt habe. Dabei schwirrte ich durch die Lande, warf Geldstücke hinter mich, um die Finder damit zu beglücken, warf kleine Päckchen mit allerlei Kostbarkeiten vor armselige Buden oder ließ Arme einen Geldschein finden. Der Höhepunkt dieser Karriere war, als ich einem bettelnden Gitarrenspieler mein T-Shirt opferte und dann selbst mittellos und halbnackt um Almosen bat, um wieder irgendwie nach Hause kommen zu können. Ich erkannte damals, dass Altruismus bei mir dazu diente, meinen Egoismus zu stärken, da ich wusste, dass alles, was ich gebe, vermehrt zu mir zurückkehren würde.
Und damit komme ich wieder auf die Hingabe zurück. Dort gibt es eine Art Regulator, der einem direkt vermittelt, das Richtige zu tun. Es ist das Tun mit ganzem Herzen, mit ganzer Liebe. Und dieses Tun findet sich überall, bei der täglichen Arbeit, wie im Umgang mit Pflanzen, Tieren oder Menschen. Hingabe findet im Kleinen wie im Großen statt, beschränkt sich nicht in Aktivitäten, sondern geschieht auch mit der sinnlichen Wahrnehmung. Man gibt sich der Muße hin, inhaliert den Duft der frisch gewienerten Holztreppe oder verliert sich im Gurgeln und Rauschen eines Baches.
Es ist diese ungeteilte Aufmerksamkeit, die einfach geschieht. Diese findet dann statt, wenn man sich ihrer gewahr wird im Wimpernschlag, sich treiben lässt oder wann/wo auch immer. Wenn man sich dem bewusst wird, erhält es einen besonderen Stellenwert im Leben. Und selbst in dunklen Stunden, bei Krankheit oder Notstand, finden sich Sternschnuppen, die es zu erkennen lohnt, die das Leben erhellen und Kraft spenden.
Und dann tut man manchmal Dinge, die nicht „rechtens“ sind. Da halte ich es wie Colette, die einmal von sich gab: “Du wirst immer wieder etwas Törichtes tun, doch tu es mit Hingabe.!