JOeys Tafelrunde
Eigen- und Fremderkenntnisse

In meinem Leben gibt es Menschen, die ich mag und bei denen ich das Gefühl habe, dass dies auf Gegenseitigkeit beruht. Und dann gibt es noch diejenigen, ein paar Wenige, bei denen ich es schätze, so angenommen zu werden, wie ich bin. Es ist schon fast eine Art von echter Freundschaft, selbst wenn es nicht zu ständigem Kontakt kommt. Wenn man sich dann aber begegnet, ist mir gewiss, dass ich bei diesem Menschen ich selbst sein und dabei viele Facetten meiner Selbst zeigen kann, auch die weniger Schönen.
So ein Mensch ist gestern Nacht verstorben. Ein Mensch, mit dem ich die letzten Jahre gemeinsam um Frieden und Gerechtigkeit gerungen habe, der mir während der C-Krise ans Herz gewachsen ist. Es war mir ein kostbarer Mitstreiter, ein intelligenter und wachsamer Geist, mit dem ich einige wertvolle Erlebnisse geteilt habe. Mit dem ich gelacht habe und dem ich auch in manch wehmütigen Momenten die Hand halten wollte und konnte.
Er war mir nah, war sich selbst immer gewahr und liebte die Freiheit, die ihm alles bedeutete, für die er auf die Straße ging und dafür kämpfte wie ein Löwe. Er legte sich auch gerne mit all den irrwitzigen Behörden und Staatsdienern an und gab keinen Fußbreit nach, wenn es darum ging, Ungerechtigkeiten anzugehen.
Eigentlich begegne ich dem Sterben und damit auch dem Tod gleichmütig, angstlos. Wie Hesse es einmal formulierte, begegne ich dem Tod mit „meinem liebenden Einverständnis“. Das gilt vor Allem für mich als Sterblichen. Und wenn in meinem direkten Umfeld jemand bisher sein Leben gelassen hatte und in einen neuen „Aggregats-Zustand“ gewechselt ist, kam ich damit wunderbar klar.
Bei diesem Menschen ist es etwas anders, da ich mich nicht von ihm verabschieden konnte. Sein Tod trat sehr plötzlich ein und nahm ihn bei der Hand.
Ich hoffe, dass sein Schutzengel ihn schützend durch den Tunnel geleitet hat- ins Licht.
Auch ich habe ein Licht entfacht und gedenke diesem wunderbaren Mensch. In mir ist dieses lebhafte Bild eines Lagerfeuers in der Nacht, bei dem die Flammen in der nächtliche Dunkelheit lodern und die um das Feuer Sitzenden anstrahlt. Es knistert, brutzelt und knackt.
Du sitzt jetzt auch hier im Kreise und schaust in die Flammen, gemeinsam mit den Anderen, still und liebevoll dein Blick. Ich bin deiner gewahr und ich hoffe, du findest deinen Frieden, dort, wo du jetzt auch immer sein magst.
So ist mir ein Weh ums Herz, eine Träne bahnt sich den Weg. Und ich male mir aus, dass du mich weiter begleiten wirst- in anderer Form. Bleischwer sind mir jetzt die Worte. Ich sehe dich in weiter Ferne und doch ganz nah. Du lächelst mich an, streichelst meine Wange und spendest mir etwas Trost. Hast du etwa Engelsflügel oder täusche ich mich? Fliege, mein Engel mit kräftigen Schwingen, erfreue dich an deinem neuen Reich und komme mich ab und zu besuchen. Ich werde deine Präsenz  spüren und dir ein liebevolles Lächeln schenken.