Ich hatte schon im Vorfeld gefühlt, auf was ich mich da einlasse. Hatte sogar versucht, dieses Kino-Ereignis an mir vorüberziehen zu lassen, wie einen Sturm, bei dem man erst wieder rausgeht, wenn er sich gelegt hat. Aber, wie es das Schicksal so wollte, lief dieser Film doch tatsächlich noch einmal und erwartete mein Erscheinen.
Dem Regisse ur Hans Steinbichler ist mit „Ein ganzes Leben“ ein Meisterwerk gelungen. Das Drehbuch top, die Schauspieler, allen voran Stefan Gorski, der den Part des Erwachsenen von 18 bis zum Alter von 47 spielt, Spitzenklasse, ebenso die anderen Akteure, da passt einfach alles. Und du weißt, dass ich mit Ehrerbietung äußerst sparsam bin. Dann die musikalische Untermalung, die sorgsam in das Geschehen gewoben wurde und dazu wesentlich beitrug, dieses Epos zum Leuchten zu bringen.
Die Filmkritiker mögen die filmische Umsetzung des auf dem gleichnamig basierenden Roman etwas differenzierter sehen, für mich ein wunderbares Erlebnis. Warum?
Kurz zur Handlung: Es geht um das karge Leben eines männlichen Wesens in den österreichischen Alpen, das von viel Leid und Schnörkellosigkeit geprägt ist Anfang des 20. Jahrhunderts. Als junger Waise kommt Andreas auf einen Hof, dessen Bauer äußerst gewalttätig mit ihm umgeht, ihn quält und als leib-eigenen Sklave hält.
Erst als er erwachsen ist, nimmt er sein Leben selbst in die Hand und zieht in eine kleine Berghütte, arbeitet als Knecht, später als Arbeiter, der sich seine Groschen bei dem Bau einer Seilbahn verdient. In den Krieg muss er nicht ziehen, da er leicht humpelt und somit ausgemustert wird.
Er ist ein äußerst karger, gutaussehender Bursche, der mit den Bergen verwachsen ist, die ihn tragen. Die Begegnung mit Marie, seiner großen Liebe, endet tragisch, bevor sie so richtig Fahrt aufgenommen hat. Diese langsame Verschmelzung der Beiden in ihrer bodenständigen Einfach- und Leichtigkeit, das ist großes Kino. Die Alpenkulisse spielt hier nur eine hübsche Nebenrolle.
Vom Tod seiner Liebe erholt sich Andreas nie wieder, schreibt kleine Briefe an sie, die er sorgfältig gefaltet in ihren Sarg durch eine Ritze wirft. Er ist auch nicht mehr bindungsfähig, ist Marie treu bis zu seinem Tode.
Das nur in Kürze. Natürlich hat der Film noch andere Handlungsstränge und bedeutungsvolle Menschen und Tragödien parat, auf die ich aber nicht weiter eingehen möchte, da es mir bei diesem Aufsatz nur darum geht, meiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Ich war Andreas, ich litt mit ihm, ich verliebte in Marie und verschenkte mich an sie, ich verspürte die ganze Härte der damaligen Zeit, die Kälte der Bergwelt, den Verlust meiner Liebsten und doch war immer eine besondere Freudigkeit in mir, ein Leuchten in den Augen, ein Leben, ein ganzes Leben.